
Nach der Vorlage des Prüfberichtes über die Spesenabrechnungen des ehemaligen CDU-Fraktionsvorsitzenden und Chef der Bonner Stadtwerke, Reiner Schreiber, hat sich die SPD-Fraktion in ihrer Sitzung am Montag, 2.2.04, eingehend mit der vorgelegten Liste beschäftigt. Ich gebe dazu folgende Erklärung ab:
1. Reiner Schreiber hat offensichtlich über seine zahlreichen als Arbeitsessen getarnten Kungelrunden sein Machtsystem gepflegt und organisiert. Dabei empfiehlt sich die genaue Lektüre der Spesenliste, um Qualität und Umfang der Einbindung in das Machtsystem beurteilen zu können.
2. Es fällt auf, dass Reiner Schreiber in der Zeit, in der die SPD mit den Grünen gemeinsam die Mehrheit im Rat gestellt hat (1994-1999), mit führenden SPD-Politikern nur selten zu Arbeitsessen zusammenkam, dafür mit CDU-Vertretern um so häufiger. Wenn Schreiber mit dem Geschäftsführer der SPD in dieser Zeit exakt viermal essen war – und zwar nur innerhalb des ersten Jahres dieser Mehrheit – mit dem Geschäftsführer der (oppositionellen!) CDU-Fraktion aber insgesamt 19 mal – und zwar fast im Monatsrythmus – so spricht dies eine deutliche Sprache. Selbst die Verabredungen mit dem ehemaligen Schatzmeister der Bonner CDU fanden häufiger statt als mit den führenden SPD-Politikern.
3. Die Spesenliste stellt somit ein gastronomisches Bewegungsprofil im System Schreiber/CDU dar. Es dürfte die Behauptungen zumindest erschüttern, dass Schreiber alle seine Taten ganz alleine und ohne jedweden Mitwisser durchgeführt hat. Der aktuelle Geschäftsführer der CDU-Ratsfraktion muss sich schon die Frage gefallen lassen, was er im monatlichen jour fixe mit Herrn Schreiber alles an stadtwerkerelevanten Themen zu besprechen hatte, alleine oder in Verbindung mit einem seiner Vorgänger im Amte, seinerzeit Amtsleiter und zwischenzeitlich Leiter des Büros des Oberstadtdirektors. Auch weitere amtierende und ehemalige führende Leute der CDU pflegten einen äußerst regen Kontakt und Austausch mit Herrn Schreiber – von dem sie nun natürlich nichts mehr wissen wollen.
4. Wir empfehlen daher, dass der Bericht im Rechnungsprüfungsausschuss nochmals intensiv im Hinblick auf Verantwortlichkeiten und Vorbereitungen von Entscheidungen diskutiert wird. In jedem Fall spiegelt er die Besetzungsliste im Netzwerk der Bonner CDU wider – Kontinuitäten sind trotz des Rücktritts von Herrn Schreiber nicht ausgeschlossen.