1. Der Rat wird am Donnerstag eine Sitzung erleben, in der mit häufig veränderten Mehrheitskonstellationen Entscheidungen getroffen werden. Die politische Farbenlehre in unserer Stadt ist bunter geworden. Bei allen Entscheidungen muss aber gelten – wir tragen Verantwortung für unsere Stadt und die Menschen, die in ihr leben.
2. SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben in einer Kooperationsvereinbarung beschlossen, in einigen Bereichen eng zusammenzuarbeiten und Verantwortung zu übernehmen. Mit den Anträgen zur Kleinstkinderbetreuung, zum Ausbau der OGS und zur Verstärkung der Schulsanierung legen wir Schwerpunkte für die Ratsarbeit fest, die aus unserer Sicht in ihrer Priorität weit oben angesiedelt werden müssen und wichtige Verbesserungen für die Lebensbedingungen der Menschen in unserer Stadt bringen werden. Wir haben hier eine breite Unterstützung der anderen Fraktionen erwartet und freuen uns, dass diese nach der klaren Aussage der FDP sicher auch eintreten wird.
3. Für die SPD ist klar – mit diesen Schwerpunktsetzungen übernehmen wir auch ganz besonders Verantwortung für die Haushaltssanierung. Denn mit dem Programm zur Verdoppelung der Schulsanierung, Ausbau der flächendeckenden OGS und zur Steigerung der U-3-Betreuung auf 20 % zeigen wir den Bonnerinnen und Bonnern auch auf, warum es sich in den nächsten Jahren lohnt, gemeinsam für einen Haushaltsausgleich zu streiten – um mehr für Kinder und ihre Familien in unserer Stadt tun zu können, wollen wir den Haushalt ausgleichen, nicht um seiner selbst Willen. Daher wollen wir nach den Weihnachtsferien in einen fraktionsübergreifenden Diskussionsprozess eintreten, um Strategien für die Haushaltssanierung für die nächsten fünf Jahre zu verabreden. Wir sind dazu bereit – auch zu schmerzhaften Einschnitten, weil wir mit den vorgenommenen Schwerpunktsetzungen wissen, wofür wir sparen müssen – und wollen.
4. In anderen Fragen wie "Bahnhof" und "Gesamtschule" wird es wieder andere Konstellationen geben.
5. Für den Bahnhof halte ich fest – es sind nur SPD und FDP, die zu Ihrer Verantwortung für dieses wichtige Projekt stehen. Alle anderen Fraktionen haben sich nach und nach in die Büsche geschlagen – aus unterschiedlichen Motiven, zu unterschiedlichen Zeitpunkten, gemeinsam aber in der Verantwortungsverweigerung. Obwohl es von Beginn an für dieses Projekt eine breite Bürgerbeteiligung, eine umfassende Einbindung aller relevanter Akteure, ein transparentes Entscheidungs- und Auswahlverfahren gab, wird es gestoppt und das erreichte Ergebnis zerstört. Das Signal an Investoren ist fatal, eine gute Chance zur Stadtreparatur wird verspielt. Die jetzt nachgeschobenen "Eckpunkte" stellen Maximalforderungen dar, die aus unserer Sicht nicht realisierbar und nicht finanzierbar sein werden. Bonner Loch und ZOB-Provisorium werden den Bonnerinnen und Bonnern daher noch lange erhalten bleiben – incl. Südüberbauung. Oder die Stadt packt zusätzliche Steuermillionen an, die nicht vorhanden sind. Denn das darf ja bei den jetzt vorliegenden Planungen nicht vergessen werden – wir wollten die Stadtreparatur erreichen, ohne dass die Stadt ein Netto-Investment tätigen muss. Auch diese Möglichkeit wird mit den "Eckpunkten" verspielt.
6. Die CDU hat für diese Fehlentwicklung die größte Verantwortung. Sie hat sich aus wahltaktischen Gründen vor der Wahl aus dem Projekt verabschiedet, obwohl sie noch am 5.2.2004 in einem Dringlichkeitsantrag die Verwaltung zu mehr Tempo bei der Realisierung des Projektes gedrängt hat. Nach der Wahl gefällt sie sich als größte Fraktion im Rat in der Rolle als Verweigerungsopposition – Verantwortung ist sie nicht bereit zu übernehmen. Wir wissen, dass das in der CDU und in ihrem Umfeld mehr als umstritten ist – die Fraktion hat dennoch so entschieden. Als letztes Angebot an die Kräfte in der CDU, die bereit sind Verantwortung zu übernehmen, werden wir uns dem Vorschlag der FDP anschließen, und geheime Abstimmung beantragen. Gleichwohl – große Hoffnung haben wir nicht. Die CDU ist zurzeit vor allem eines – handlungsunfähig. Ich wiederhole meinen Vorwurf – die CDU bleibt ein Zukunftsrisiko für unsere Stadt, wenn sie diesen Zustand nicht bald beendet.
7. Bei der Gesamtschule geht es der SPD darum, dass gegebenenfalls erforderliche Plätze für Bonner Kinder auch tatsächlich geschaffen werden können. Die Forderung alleine stellt ja noch keine Realisierung sicher. Neben der Ermittlung des tatsächlichen Bedarfes – die wir auch wollen – geht es dann nicht unwichtig auch um die Frage, wie und wo die Plätze geschaffen werden können, räumlich und mit der erforderlichen Ausstattung. Das geht nicht im "Hau-Ruck-Verfahren", wir setzen dabei auf Verlässlichkeit und Konsens. Und das braucht Zeit; daher sind wir dem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen nicht gefolgt und nehmen unsere Verantwortung wahr, indem wir nach gangbaren Wegen zur Schaffung von zusätzlichen Gesamtschulplätzen in Bonn bzw. für Bonner Kinder suchen. Nach dem Abschluss des Anmeldeverfahrens im Februar wird sich der Rat erneut mit dieser Frage befassen müssen – so oder so.
8. Die Farbenlehre im Rat ist bunter geworden. Die Verantwortung für die Zukunft unserer Stadt bleibt unverändert bestehen. Wir sehen in unseren Schwerpunkten die größten Übereinstimmungen mit Bündnis 90/Die Grünen und suchen erfolgreich die Projekt bezogene Zusammenarbeit mit dem Bürgerbund. Auch mit der FDP stellen wir an vielen Punkten Übereinstimmungen fest. Die CDU bleibt für uns die große Unbekannte. Mit der Zustimmung zum Bahnhof hätte sie beweisen können, dass sie in dieser "bunten Farbenlehre" als Wahlverlierer, aber nach wie vor größten Fraktion bereit und in der Lage ist, Gestaltungsverantwortung für unsere Stadt zu übernehmen. Sie ist diesen Nachweis schuldig geblieben und versucht sich in die bequeme Rolle der Oppositionsverweigerung zu flüchten. Das ist verantwortungslos und wird ganz sicher von den Bürgerinnen und Bürger bei nächster Gelegenheit entsprechend "honoriert." Bis dahin werden wir versuchen, Mehrheiten für wichtige Zukunftsentscheidungen für unsere Stadt zu suchen und zu finden. Die CDU bleibt eingeladen, sich daran wie die anderen Fraktionen zu beteiligen.