Kinderarmut führt zu Bildungsarmut – Kinderarmut hat viele Gesichter

Die SPD-Landtagsabgeordnete Renate Hendricks, die schulpolitische Sprecherin der Bonner SPD-Ratsfraktion, Gieslint Grenz, und der kinder- und jugendpolitische Sprecher der Bonner SPD-Ratsfraktion, Ernesto Harder, beziehen in einer heutigen Pressekonferenz Stellung zum Thema Kinderarmut in Bonn

Bundesweit sind die Zahlen alarmierend: In Deutschland leben mehr als sieben Millionen Menschen von Arbeitslosengeld II und Sozialgeld, davon rund zwei Millionen Kinder. In westdeutschen Großstädten lebt mittlerweile bereits jeder Zehnte von Hartz IV, nicht eingerechnet diejenigen, die zwar arbeiten, aber weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens (d.h. 930 Euro im Westen/605 Euro im Osten) verdienen und somit als "arm" gelten. Die wachsende und stärker sichtbar gewordene Arbeitslosigkeit gilt als Hauptgrund, warum Menschen nach dem Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung als "arm" gelten. Seit Mitte der 1980er Jahre hat Deutschlandweit der Anteil der Väter und Mütter, die keine Berufsausbildung abgeschlossen haben, stetig zugenommen. Arbeitslosigkeit und eine nicht kontinuierliche Beschäftigung bei geringem Einkommen, erschweren das Aufwachsen von Kindern. Fehlende schulische und berufliche Bildung der Eltern mindert die Möglichkeit, sich mit einer immer komplexer werdenden Welt zu Recht zu finden.
In Deutschland lebt fast jedes siebte Kind in Armut, in Berlin und vielen anderen west- und ostdeutschen Großstädten stieg die Kinderarmut auf fast 30 Prozent und mehr. Auch in Bonn können wir davon ausgehen, dass ein wachsender Anteil von Kindern von Armut betroffen ist. Kindergärten und Grundschulen in Bonn berichten zunehmend von Kindern, die zu den Armen zu rechnen sind.

Viele Kinder aus diesen Bevölkerungsgruppen können die vielfältigen Bildungsangebote außerhalb der Schule nicht wahrnehmen. Das heißt, so Renate Hendricks, ganz klar: Turnvereine, Musikunterricht, Schwimmen, Tanzen etc. wird diesen Kindern außerhalb von Institutionen nicht angeboten. Die Kinder aus solchen Familien können i.d. R. auch nicht wie andere Kinder Unternehmungen wie Zoobesuche, Einkaufsbummel oder Urlaub machen. Gleiches gilt für die Hausaufgaben. Viele Eltern können den Kindern keinen Nachhilfeunterricht bezahlen, sie sind auf die Qualität von Schule angewiesen.

Armutspolitik ist immer eine Querschnittaufgabe. Sie kann nur ressortübergreifend erfolgen, so die SPD-Politiker. Die Vernetzung in den Stadteilen und die Einbeziehung der Eltern in die Bildung ist die Grundvoraussetzung für den Erfolg einer gezielten Veränderung.

"Wir können es uns nicht leisten, auch nachfolgende Generationen in Armutskategorien zu belassen und diesen Ausbildungs- und damit auch Lebenschancen zu nehmen", so die SPD Landes- und Kommunalpolitiker übereinstimmend. Wir müssen unter allen Umständen vermeiden, dass Kinder – ähnlich wie ihre Eltern – beginnen, "Sozialhilfekarrieren" zu absolvieren. Außer Sozialtransfers sind hierbei andere wichtige Bereiche gefragt: So ist eine gute Bildungspolitik – ein qualifizierender Schul- und Berufsabschluss sowie eine gute Ausbildung – ein ganz wesentlicher Garant zur aktiven Teilhabe in der Gesellschaft. Armutspolitik ist zunächst einmal Bildungspolitik und zwar vom Kindergarten an bis zur Ausbildung. Vielen Jugendlichen bleibt sonst am Ende nichts anderes übrig, als sich aufgrund von fehlender Bildung und Ausbildung in das Heer der Ungelernten und Dauerarbeitslosen einzureihen. „Diesen Kreislauf gilt es frühzeitig zu durchbrechen“, im Sinne dieser Kinder aber auch im Interesse der Gesellschaft“, so Renate Hendricks. Hilfsangebote müssen für überforderte Familien bereitstehen. Eltern müssen hinsichtlich ihrer Erziehungsverantwortung unterstützt werden.

In Bonn sind wir durch unsere bisherigen Maßnahmen wie den Ausbau der U3, dem Ausbau der Kindergärten zu Tageseinrichtungen und dem Ausbau von Offenen Ganztagesschulen auf einem guten Weg. Auch nach der Grundschule muss ein Ganztagesangebot für alle Schülerinnen und Schüler vorgehalten werden. Die Bonner SPD Ratsfraktion setzt sich daher gezielt für den Ausbau des Ganztagsangebotes auch an weiterführenden Bonner Schulen ein.