SPD: Arbeitsplätze haben für uns oberste Priorität

Martin Schilling, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Rat der Stadt Bonn

In den letzten Jahren verstärken sich die Diskussionen besonders über die bauliche und infrastrukturelle Weiterentwicklung der Stadt. War es noch beim Bau des Post-Towers eine kleine Minderheit, die den Bau ablehnte, zeichnen sich immer heftigere Diskussionen bei anderen Projekten ab. Zu nennen sind dabei: der Bahnhofsvorplatz, der Umbau des alten Stadthauses, die Nutzung des Metropols, die Kurfürstenallee oder die Zukunft der Hallenbäder in Bonn. (Bahnhof – Grüne, BBB, CDU; Bottlerplatz – Grüne, BBB, CDU; Metropol – Grüne, BBB, FDP). Projekte werden verhindert, weil zu viele Leute in der Stadt nicht verstehen, dass Strukturwandel ein ständiger Prozess ist. Sie halten ihn für abgeschlossen und legen die Hände in den Schoß.

Festzustellen ist:

•Entgegen vieler Prognosen hat sich Bonn nach dem Umzugsentschluss positiv zu einem modernen Dienstleistungsstandort gewandelt. Die Zahl der Beschäftigten ist gestiegen.

•Bonn ist der Arbeitsplatzmotor der Region. Immer mehr in Bonn Arbeitende wohnen nicht im Stadtgebiet. Allein 58% aller Arbeitsplätze in Bonn werden von Pendlern inne gehalten. Eine Mehrheit der in Bonn lebenden Bürger hat für die private Lebensgestaltung andere Prioritäten gesetzt als die direkte Sicherung ihres Lebensunterhaltes.

•In vielen Umfragen wird bestätigt, dass Bonn über ein hohes Maß an Lebensqualität verfügt. Diese sogenannten weichen Standortfaktoren spielen auch bei der Ansiedlung neuer Unternehmen eine Rolle.

Dennoch bleiben dabei in der öffentlichen Diskussion wichtige Faktoren oft unberücksichtigt:

•Anders als zu Regierungszeiten sind heute viele Arbeitsplätze – besonders bei den ehemaligen „Staatsunternehmen Telekom und Post“ – nicht mehr auf Lebenszeit garantiert. Die Ausgliederung von Unternehmensteilen, die Verlagerung von Arbeitsplätzen in Auffanggesellschaften (Beisp. Vivento), die Diskussion um Mindestlöhne sind nur einige Punkte, die zeigen, dass der ständige wirtschaftliche Wandel für viele Arbeitsnehmerinnen und Arbeitnehmer auch die Gefahr des Verlustes von Arbeitsplätzen bedeutet.

•Längst sind viele frühere, normale Arbeitsplätze den 400-Euro-Jobs gewichen oder anderen Arbeitsverhältnissen, bei denen das Risiko stärker auf den Arbeitnehmer verlagert wird. Dies zwingt viele Arbeitnehmer in den unteren Einkommensgruppen zu Mehrfachjobs. Längst ist der Zweitjob notwendig, um angesichts steigender Lebenshaltungskosten über die Runden zu kommen.

•Die Tatsache, dass es auch in Bonn Familien gibt, für die es immer schwieriger wird, ein Einkommen zu erzielen, mit dem man „über die Runden“ kommt, ist längst kein Einzelfall mehr. Angesichts des normalen Lebensstandards der meisten Bonner wird oft verdrängt, dass die warme Mahlzeit für viele Kinder nicht selbstverständlich ist.

Deswegen müssen wir im politischen Handeln die Prioritäten noch stärker heraus arbeiten:

•Wir brauchen Investoren, die bereit sind, Geld in neue Projekte zu investieren. Dies bedeutet die Schaffung oder Sicherung von Arbeitsplätzen (z.B. ehemaliges Regierungsviertel – Schaffung von 2000 weiteren Arbeitsplätzen für die Post Campus Zwei, viele Dienstleister im Umfeld von Post und Telekom), Rheinwerk in Oberkassel, World Conference Center Bonn.
Dies gilt auch für die Innenstadt: Nur wenn im Konkurrenzkampf mit den umliegenden Städten, allen voran Köln, die Attraktivität erhalten bleibt, sichert dies z.B. im Einzelhandel wichtige Arbeitsplätze.
Fazit: Investoren sind notwendig, wenn die Kommune selber dies nicht übernehmen kann. Sie sind Partner und nicht Gegner für die städtische Entwicklung. Die Stadt hat dabei die Aufgabe, das allgemeine Interesse mit den Zielen der Investoren in Einklang zu bringen.

•Ausbildung und Bildung sind wichtige Voraussetzungen, damit qualifizierte Arbeitskräfte an einem Dienstleistungsstandort wie Bonn zur Verfügung stehen. Die Modernisierung unserer Schulen, der Ausbau der OGS und neue Konzepte im Bereich der Weiterbildung müssen höchste Priorität haben. Mehrsprachigkeit am internationalen Standort Bonn muss selbstverständlich sein.

•Gerade im Umfeld der großen Unternehmen entwickeln sich viele neue innovative Dienstleister.

•Der Bereich Wissenschaft birgt noch große Potenziale für Region, die es zu erschließen gilt. Gerade als Wissenschaftsstandort bieten sich noch viele Chancen, Forschung und wirtschaftliche Umsetzung miteinander zu verbinden. Dies muss einer der Schwerpunkte der Wirtschaftsförderung werden.