450 Seiten mit Stellungnahmen und Veränderungslisten der Verwaltung zum Haushalt am Donnerstag – diese umfangreiche Post erreichte die Fraktionen am Freitagmittag. Inhalt dieses Pakets ist auch eine Auflistung, welche Folgen die am 16. Juni von CDU und Grünen im Finanzausschuss zusätzlich zur bereits bekannten „Giftliste“ beschlossenen Kürzungen (oftmals pauschal um 3 %) haben werden und ob diese Kürzungen überhaupt rechtlich und technisch umsetzbar sind.
Das Ergebnis ist eindeutig: Würden diese Kürzungen so wie von CDU und Grünen gewollt umgesetzt, würde nicht nur die Feuerwehr in ihrer Leistungs- und Einsatzfähigkeit beeinträchtigt; das Mittagessen an OGS-Schulen könnte nicht mehr zubereitet werden, Pflichtaufgaben an den Schulen werden nicht mehr erledigt, Zuschüsse zur Beschaffung von Lernmitteln für bedürftige Kinder fallen weg, die Schülerbeförderung wird eingeschränkt – um nur einige der Folgen aufzulisten. Insgesamt weitere € 340.000,00 müssten alleine beim Schulamt eingespart werden, wenn sich CDU und Grüne mit ihrem Beschluss auch im Rat durchsetzen. „Es ist gut, dass die Verwaltung jetzt sehr detailliert aufzeigt, welche Konsequenzen dieser Beschluss hat. Solle niemand sagen können, er habe das nicht gewusst.“ sagt Wilfried Klein, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Rat der Stadt Bonn. Auch das Bekenntnis der Ratsmehrheit zum Bonn-Ausweis entpuppe sich im Lichte dieser Informationen einmal mehr als Lippenbekenntnis: „Der Mobilitätszuschuss für Bonn-Ausweis-Inhaber soll ja ab 2011 nach den Vorstellungen der aktuellen Ratsmehrheit ohnehin gestrichen werden. Durch die 3-%-Kürzung von Schwarz-Grün werden aber bereits im Haushalt 2010 über € 100.000,00 beim Bonn-Ausweis gestrichen. Leistungskürzungen sind damit unvermeidbar – und das kurzfristig.“ klagt der Sozialdemokrat.
Aber nicht nur beim Brandschutz und der Familienförderung sorgt der Rasenmäher-Beschluss von CDU/Grüne für aus Sicht der SPD unzumutbare Einschnitte. „Auch der Blick in den Baubereich zeigt, welch undurchdachte Aktion der Beschluss der beiden Fraktionen war. Die Straßenunterhaltung wird so stark beschnitten, dass die Funktionsfähigkeit von Straßen beeinträchtigt ist und Reparaturen noch länger warten müssen. Mit den über € 700.000,00, die hier zusätzlich eingespart werden sollen, können viele Schäden behoben werden. Das ist zukünftig nicht mehr möglich.“ Schließlich lenkt die SPD den Blick noch auf die Stadtplanung: „CDU und Grüne wollen diesen Bereich ja systematisch zurückfahren, wie die Stellenplandiskussion aus dem letzten Hauptausschuss gezeigt hat. Im Haushalt werden die geforderten weiteren Kürzungen von € 245.000,00 dazu führen, dass die Bearbeitung des Masterplan Innere Stadt, die Vorplanung für die niveaugleiche Bahnquerung im Bereich Kessenich, Dottendorf, Friesdorf, die Überarbeitung von Vorentwürfen zum Beispiel an der Koblenzer Straße und weitere Projekte, die von der Politik – und den Bürgerinnen und Bürgern – dringend erwartet werden, zurückgestellt werden müssen. Das ist fatal.“ Auch die Wohnraumförderung würde übrigens um über € 230.000,00 beschnitten.
Die Sozialdemokraten hoffen, dass CDU/Grün nach Lektüre dieser Listen ihren Beschluss überdenken. „Aber ich habe nicht große Hoffnung, dass das geschieht. Schwarz-Grün ist geradezu verliebt in ihren Antrag und hat sich auch schon im Finanzausschuss nicht von Argumenten beeindrucken lassen. Aber vielleicht sorgt der sich formierende öffentliche Widerstand ja bald für ein Umdenken; gut wär’s.“
Zur Erinnerung: Schwarz-Grün hatte im Juni eine Liste vorgelegt, in der sie vermeintliche 15 Mio € „Luft“ im städtischen Haushalt nachzuweisen glaubten. Den größten Einzelposten – Zinsersparnisse – mussten sie bereits im Finanzausschuss am 16. Juni kleinlaut zurücknehmen. An den anderen Positionen hielten sie aber fest, obwohl die Verwaltung bereits am 16. Juni auf die hochproblematischen Folgen hingewiesen hat. Einen Antrag der SPD im Hauptausschuss am 30. Juni, die Folgen der Beschlüsse noch einmal kompakt zusammenzufassen, wurde von Schwarz-Grün abgelehnt – sie ahnten wohl, was kommen würde.