
Der heute eingebrachte Haushalt für die Jahre 2017-2018 steht unter den strengen Vorgaben des Haushaltssicherungskonzepts. Die mittelfristige Finanzplanung, die zum Haushaltssicherungskonzept dazu gehört, weist für das Jahr 2021 einen ganz knappen Haushaltsüberschuss aus. So knapp, dass nichts, aber auch gar nichts passieren darf, um das Ziel des Haushaltsausgleichs nicht zu gefährden.
Wer hier im Saal glaubt ernsthaft, dass es so kommen wird?
Es wäre möglich gewesen, das Haushaltssicherungskonzept auf bis zu 10 Jahre auszudehnen. Aber Verwaltungsspitze und Ratsmehrheit haben sich dazu entschlossen, den kurzen Zeitraum bis 2021 zu wählen. Das bedeutet, dass die Einsparanstrengungen nicht verteilt über einen 10-Jahreszeitraum gestaltet werden können, sondern mit dem Einspar-Fallbeil abrupt eingeführt werden.
Die haushalterischen Grausamkeiten wären gar nicht unbedingt in dieser Härte nötig, sondern sie hätten durchaus auch über einen längeren Zeitraum und damit abgemildert durchgeführt werden können. Verantwortlich für diese Entscheidung sind CDU, FDP und Grüne, die eben keinen Gebrauch von der Möglichkeit machen wollen, langsamer, dafür aber mit weniger sozialen Verwerfungen den Haushaltsausgleich in 10 Jahren zu erreichen.
Um also den HH-Ausgleich möglichst schnell zu schaffen, setzt die Koalition z.B. auf Zentralisierung – oder anders ausgedrückt: die Einschränkung von Leistungen auf Teufel komm raus.
Deswegen hatten wir in den letzten Jahren die Auseinandersetzungen um die Bibliotheken – Zentralisierung war angesagt.
Deswegen hatten wir die Auseinandersetzungen um die Bürgerdienste – Zentralisierung war angesagt.
Deswegen haben wir jetzt die Auseinandersetzung um die Schwimmbäder – Zentralisierung ist angesagt.
Die SPD-Fraktion hält Zentralisierung für einen falschen Ansatz in einer so großen und so dezentral gewachsenen Stadt wie Bonn. Bei der Haushaltspolitik reicht es nicht, dass am Ende die Zahlen stimmen. Die Haushaltspolitik ist in erster Linie dafür da, die Rahmenbedingungen des städtischen Handelns so zu gestalten, dass Verwaltung und Stadtgesellschaft funktionieren.
Haushaltspolitik ist eine Frage der Einstellung.
Trotz des niedrigen Zinsniveaus werden dringend notwendige Investitionen in Bonn nicht getätigt. Stattdessen wird die Infrastruktur kaputtgespart.
Wie erklären Sie den Bürgerinnen und Bürgern in unserer Stadt, in unseren Bezirken, dass wir viel Geld für Großprojekte ausgeben, aber Vereine nicht bei der Renovierung ihrer Vereinsheime unterstützen, sondern im Gegenteil von ihnen verlangen, mehr Miete an die Stadt abzuführen, wenn sie städtische Liegenschaften nutzen?
Wie erklären Sie den Bürgerinnen und Bürgern, dass wir lieber Jahr für Jahr mehr Geld für die Kosten der Unterkunft ausgeben, statt den Bau von bezahlbaren Wohnungen endlich anzukurbeln? Aktuell jährlich ca. 75 Millionen, bei steigender Tendenz.
Wie erklären Sie den Bürgerinnen und Bürgern, dass die Bürgerdienste nach der Zentralisierung im Stadthaus mehr Personal brauchen als vorher?
Das kann man nicht erklären, jedenfalls nicht mit sachlichen Argumenten. Der Grund ist ein anderer:
Das wurde gemacht, weil diese Ratsmehrheit aus CDU, FDP und Grünen es so wollte. Leider lernen Sie nicht aus Ihren Fehlern. Sie machen einfach weiter.
Eine solche Politik macht die SPD-Fraktion nicht mit.
Ihnen fehlt eine Idee, wie wir unsere Stadt zusammenhalten.
Was ist das Ergebnis dieser Politik, für die Sie seit Jahren die politische Verantwortung tragen?
Das Ergebnis ist eine marode, eine zerstörte Infrastruktur: Kaputte Straßen, ramponierte Fahrradwege – all dies nehmen Sie in Kauf.
Unzufriedene Bürgerinnen und Bürger, die nicht verstehen können, warum die Mehrzweckhalle, die Schulturnhalle um die Ecke, die Halle, in der neben dem Schul- und Vereinssport auch örtliche Veranstaltungen stattfinden, von einem auf den anderen Tag geschlossen wird. Ich nenne hier nur die Turnhalle der Rheinschule und die Aula der Rochusschule, um bei den aktuellen Fällen zu bleiben.
Das ist nicht zu verstehen, nicht von den Bonnerinnen und Bonnern, und nicht von uns hier im Rat.
Daran werden wir uns nicht beteiligen.
Haushaltspolitik ist eben auch eine Frage der Einstellung.
Sie wissen es, wir wissen es und man kann es nicht oft genug laut sagen: Die Personalpolitik, die in den letzten Jahren unter der Überschrift „Beim Personal ist noch Luft drin“ gehandhabt wurde, hat konkrete Auswirkungen auf die Menschen in Bonn:
Ich sage Ihnen: Beim Personal ist überhaupt keine Luft mehr drin. Wenn Sie so weitermachen, ist die Luft bald raus! Die Leute gehen dann nämlich weg, in Städte, in denen sie unbefristete Verträge bekommen, in denen sie eine Perspektive haben. Sehen Sie es endlich ein: Wiederbesetzungssperre und Einstellungsstopp machen nichts besser, sondern vieles schlimmer.
Übrigens, nicht immer brauchen wir gleich mehr Personal, manchmal hilft auch fachübergreifende Zusammenarbeit, eine bessere Koordinierung der Aufgaben.
Haushaltspolitik ist eine Frage der Einstellung.
In dieser Stadt wird inzwischen zu viel nachträglich repariert, häufig genug einfach nur bezahlt. Wie die erwähnten Kosten der Unterkunft.
Ja, wir haben auch ein Problem auf der Ausgabenseite, aber da gibt es viele Möglichkeiten, an denen wir arbeiten sollten, denn:
Bonn ist eine boomende Stadt. Das ist im Jahreswirtschaftsbericht nachzulesen. Im Vergleich zu anderen Städten gleicher Größe haben wir aber immer noch deutlich zu niedrige Einnahmen bei der Gewerbesteuer.
Da könnte man ran. Und man könnte…
Eine Möglichkeit wäre, heute unserem Antrag auf einen Fördertopf, in dem 50.000.- Euro für unbürokratische Unterstützung des Ehrenamts bereitgestellt werden, zuzustimmen.
Die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt fühlen sich nicht ernstgenommen, wenn für die Überprüfung von zweckentfremdeten Wohnungen von der Verwaltung immer nur geantwortet wird, dass dafür kein Personal da sei. 1,75 Stellen gab es bisher, 4,75 werden jetzt eingerichtet. Für die Überprüfung möglicherweise nicht angemeldeter Hunde wurden übrigens gleich 2 Stellen eingerichtet.
Halten Sie das für angemessen? Ist das nicht ein Zeichen dafür, dass Sie offenbar nicht mehr in der Lage sind, Wichtiges von weniger Wichtigem zu unterscheiden?
Lassen Sie mich erklären, welche Haltung wir meinen, wenn wir von vernünftiger Haushaltspolitik sprechen:
Ihnen liegt heute unser Antrag vor, der überschrieben ist mit „100 Hallen in 10 Jahren“. Wir verfolgen einen Plan, in welchem Zeitraum die 100 Mehrzweck- und Schulturnhallen saniert werden sollen. Ein Konzept, eine Perspektive. Eine Politik, die den Menschen in unserer Stadt zugutekommt, die der Stadtgesellschaft dient. Das ist schon deswegen ein guter Plan, weil die Sanierung der Hallen immer teurer wird, je länger wir warten. Lassen Sie uns gemeinsam die Verwaltung beauftragen, die Kosten zu ermitteln und dann auch bald mit den Sanierungen zu beginnen, damit in zehn Jahren dieser Sanierungsstau der Vergangenheit angehört. Nachhaltig und sinnvoll.
Allerdings, und das ist in den letzten Jahren leider zu kurz gekommen, müssen wir uns dann auch an diesen Plan halten. Prioritätenliste heißt nicht, dass die Priorität für einzelne Projekte so verschoben wird, wie es gerade passt. Der Wohnort von Stadtverordneten darf darauf keinen Einfluss nehmen, nicht bei Kindergärten und auch nicht bei Kunstrasenplätzen. Priorität heißt eine gemeinsam verabredete Reihenfolge, die auch in dieser Reihenfolge abgearbeitet wird.
Es darf nicht passieren, dass ein Teil der Verwaltung sagt, sie habe zu wenig Personal, um sich an diese Verabredung zu halten, wie es ganz kurz bei den Kunstrasenplätzen den Anschein hatte, bis der Oberbürgermeister seiner Verwaltung erklären musste, was eine Verabredung ist. Nein, im Gegenteil, der Teil der Verwaltung, der zu wenig Personal hat, um die übertragenen Aufgaben zu erledigen, der muss dies nicht nur anzeigen, sondern auf den muss auch endlich gehört werden. Das ist schon viel zu lange überfällig.
Daher unterstützen wir die Forderung der Personalräte, die sich gegen die Wiederbesetzungssperre aussprechen. Es ist nicht richtig, immer ein Jahr warten zu müssen bis eine Stelle wiederbesetzt werden darf.
Sie gehen nach Schema F vor und behandeln alles gleich, statt auf der Grundlage sachlicher Überlegungen Prioritäten zu setzen. Prioritäten zum Wohle unserer Stadt und für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die dafür arbeiten.
Da helfen häufig auch nicht die immer wieder vorgelegten Listen zur Ausnahme von der Wiederbesetzungssperre. Die Einstellung, die dahintersteckt, ist falsch und schafft immer neue Probleme statt alte zu lösen: Die Einstellung, dass beim Personal noch Luft sei und die Politik die Notwendigkeit jeder einzelnen Stelle besser beurteilen könnte als das Personalamt oder die städtischen Ämter, denen das Personal fehlt.
Haushaltspolitik ist auch eine Frage der Einstellung.
Wir wollen auch nicht, dass die Präventionsarbeit der Wohlfahrtsverbände kaputtgespart wird, weil Sie den Wert von Prävention nicht erkennen oder jedenfalls nicht danach handeln. Wir wollen weiterhin eine funktionierende Suchtberatung und Präventionsarbeit, damit Menschen gar nicht erst in die Sucht geraten und abrutschen. Wir wollen, dass in unserer boomenden Stadt diejenigen Unterstützung bekommen, die dringend darauf angewiesen sind.
Wir wollen, dass den Eltern in unserer Stadt, die die boomende Stadt erst ermöglichen, ausreichend Plätze für Kinderbetreuung zur Verfügung gestellt werden. Deswegen werden wir weiterhin für eine bedarfsgerechte Zahl von OGS-Plätzen kämpfen. Es kann nicht sein, dass Eltern nicht die Sicherheit haben, dass ihre Kinder beim Übergang aus dem Kindergarten in die Schule weiterhin eine ausreichende und qualitätsvolle Betreuung haben, und deshalb ein Elternteil überlegen muss, die Berufstätigkeit wieder aufzugeben.
Sie haben heute die Gelegenheit, ihren mit den Kürzungen bei der OGS eingeschlagenen Weg wieder zu verlassen. Übrigens gehört auch dazu, dass Tagespflegepersonen, die wir weiterhin brauchen werden, gerecht entlohnt werden. Deswegen beantragen wir die Dynamisierung der Entlohnung von Tagespflegepersonen. Tarifsteigerungen müssen auf Tagesväter und -mütter übertragen werden. Denn auch für die steigen die Preise wie für alle anderen – und wir brauchen sie, um die Betreuung der nächsten Generation sicherzustellen, solange es nicht genug Kita-Plätze für alle Altersgruppen gibt.
Wir müssen uns auch Problemen stellen, die Sie offensichtlich nicht erkannt haben:
In einer boomenden Stadt steigt die Kinderarmut. Über 11.000 Kinder leben in Bonn in Armut. Wie kann das sein?
Wie kann es sein, dass wir unser Langzeitarbeitslosenproblem nicht in den Griff bekommen?
Wie schaffen wir es, dass diese Probleme nicht weiter verschärft werden durch die Geflüchteten, die ein Bleiberecht in Bonn haben und hier ihr eigenes Geld verdienen wollen und sollen? Wir müssen uns um die Integration der Menschen kümmern: Sprachkurse, Schulausbildung, Berufsausbildung…
Nichts davon sehen wir bei Ihrer Haushaltspolitik.
Lassen Sie mich noch ein paar Worte zur Verlagerung von Aufgaben auf die Stadtwerke Bonn sagen.
Die SPD-Fraktion hat in den letzten Jahren immer wieder gefordert, dass die Stadtwerke eine GmbH für die existierenden Bäder gründen sollen. Eine Bad-GmbH bekommen wir jetzt. Für ein Bad, das es noch nicht gibt, aber geben soll, wenn es nach Ihnen von CDU, Grünen und FDP geht. Ein neues Bad.
Nach aktuellen Schätzungen würden dafür Kosten von mindestens 20 Millionen Euro anfallen. Wobei nicht unerwähnt bleiben darf, dass noch keine ernsthaften Planungen vorliegen und Kostenschätzungen seriös gar nicht möglich sind. Aber Sie, die Koalition, wissen jetzt schon, dass das alles wirtschaftlich darstellbar und sinnvoll ist. Dabei betreiben Sie Augenwischerei nicht nur bezüglich der Kosten:
Die Koalition aus CDU, FDP und Grünen und der Oberbürgermeister tun so, als ob durch die Auslagerung städtischer Aufgaben an die Stadtwerke Bonn der städtische Haushalt geschont werde. Das Gegenteil ist der Fall: Alle Kosten, die den Stadtwerken bei der Umsetzung der politischen Beschlüsse entstehen, mindern die Gewinnausschüttung der Stadtwerke an den städtischen Haushalt. Sie spiegeln sich also unmittelbar im städtischen Haushalt wider. Und was haben wir da bisher?
-Bau und Betrieb eines Schwimmbades
-Aufbau eines Fahrradverleihsystems: Kosten, die bei der Stadt direkt verbleiben 400.000.- Euro, Kosten, die die Stadtwerke tragen sollen mindestens 600.000.- Euro.
Und das alles, obwohl der Haushalt gleichzeitig vorsieht, dass die Stadtwerke in Zukunft Millionenbeträge an die Stadt ausschütten: 2 Millionen im Jahr 2018, die bis 2022 auf 5 Millionen ansteigen.
Das ist alles schon seriös gerechnet? Nein, liebe Koalition, das ist ein Wunschkonzert auf dem Rücken der Stadtwerke.
Es ist eben eine Frage der Einstellung, der Haltung, ob Infrastruktur verrottet: Kindergärten, Schulen, Bibliotheken, Schwimmbäder, Stadthaus, Stadtarchiv.
Es ist eine Frage der Einstellung, ausreichend Personal zur Aufgabenwahrnehmung der Verwaltung zu haben.
Es ist nicht vernünftig, die Haushaltslöcher von heute so zu stopfen, dass dadurch größere Haushaltslöcher morgen und übermorgen entstehen.
Deshalb können und werden wir dem Haushalt in der vorliegenden Fassung nicht zustimmen.