Bonn hat durch seine Lage sehr begrenzte Ausdehnungsmöglichkeiten. Und das hat Folgen für den Wohnungsbau, Gewerbe- und Industrieansiedlungen, aber auch die Naturschutz- oder Überschwemmungsgebiete. Immer häufiger sehen wir uns Nutzungskonflikten bei der Verteilung der Flächen gegenüber.
Das größte Thema ist dabei ohne Zweifel die wachsende Wohnungsnot. Bonn zieht die Menschen an und die Bevölkerungszahl steigt kontinuierlich. Für den wachsenden Bedarf werden in Bonn zu wenige Wohnungen gebaut. Dies gilt ganz besonders für preiswerten Wohnraum. Im frei finanzierten Wohnbau steigen bedingt durch die große Nachfrage die Mieten. Viele Bestandswohnungen fallen aus der Sozialbindung. Neuer geförderter Wohnungsbau entsteht nur in geringem Umfang.

Bonn leidet zur Zeit auch unter zu wenigen Büroflächen. Manche ansiedlungswilligen Unternehmen kommen nicht nach Bonn, weil sie keine Büroflächen finden. Manche hier ansässigen Unternehmen wechseln in die Umgebung, weil sie sich nicht angemessen vergrößern können. Auch die vorhandenen Gewerbeflächen sind zu wenig und zu teuer. Insbesondere kleinere Betriebe verziehen gerne in den Rhein-Sieg-Kreis oder das nördliche Rheinland-Pfalz. Nutzungskonflikte verhindern oft die Ausweisung neuer Gewerbeflächen.
Bonn hat kaum Erweiterungsflächen. Weite Teile des Stadtgebiets können als Naturschutzgebiete, Überschwemmungsgebiete oder aus anderen rechtlichen Gründen nicht bebaut werden. Andere Flächen müssen und sollen aus klimatischen Gründen freigehalten werden. Außerdem muss es auch im Stadtgebiet Grünflächen und Erholungsmöglichkeiten geben. Deshalb werden neue Wohnungen oft in Konversionsgebieten dort gebaut, wo früher Firmen oder Bundeseinrichtungen Büros, Fabriken oder Kasernen unterhielten.
Dies alles führte in den vergangenen sechs Jahren immer wieder zu Konflikten. Dabei haben die Koalitionsfraktionen noch für zusätzlichen Stillstand gesorgt, weil sie sich im Zweifel nicht einig sind und ein Thema dann lieber aussitzen statt zu entscheiden. Die CDU-Planer*innen sind konservativ und planen für Autos und viel Beton („Beton“-köpfe im wörtlichen Sinne). Die Grünen wehren sich gegen die Überplanung von Freiflächen. Bürgerinitiativen diskutieren eifrig mit, häufig sehr konstruktiv und hilfreich, oft leider auch mit der Absicht, jede weitere Bebauung zu verhindern.
Wir haben uns sehr stark für Wohnungsbau eingesetzt, meist ergänzt um Anträge für eine Quote von 30% an öffentlich gefördertem Wohnungsbau. Nach langen Debatten hat die Koalition einen Kompromiss für eine zukünftige Bebauung vorgelegt, der auch eine 20%-Quote und eine Quote von weiteren 20% für preisgedämmten Wohnraum für neue Wohnprojekte ab 25 Wohnungen vorsieht. Die lange Debatte hat die Umsetzung verzögert, weil die Regel nur für seit einiger Zeit neu geplante Projekte gilt. Hinzukommt, dass die Grenze von 25 Wohnungen natürlich auch viel zu hoch ist. Wir haben uns dafür eingesetzt, dass diese Quoten bereits ab Bauprojekten mit sechs Wohneinheiten gelten.
Durch die vielen Verzögerungen gibt es nur wenige neue Bebauungspläne für Wohnbauten. In den letzten Monaten wurde hier praktisch gar nichts mehr beschlossen. So haben wir oft die Überbauung von bereits versiegelten Flächen ins Gespräch gebracht, sei es grundsätzlich für die Parkplätze von Supermärkten oder an konkreten Beispielen wie dem Melbbad. Bei Letzterem werden nun die Bonnerinnen und Bonner noch in diesem Jahr zu entscheiden haben, ob die maßvolle Randbebauung umgesetzt werden soll. Bei der Parkplatzüberbauung haben wir inzwischen einen zwei Jahre alten Beschluss. Leider hat die Verwaltung aber noch nicht sagen können, wo eine Umsetzung letztlich tatsächlich sinnvoll und machbar ist.
Immerhin konnten einige wenige Projekte beispielsweise im Bereich der Kennedyallee gefördert werden. Für die Zukunft Bonns war auch der Satzungsbeschluss wichtig, der den Neubau des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik ermöglicht. Auch die Rahmenplanung Bundesviertel wurde verabschiedet, wenn auch mit einer zu niedrigen Wohnraumquote. Hier besteht die Möglichkeit, tatsächlich Wohnen und Arbeiten in unmittelbarer Nähe zu planen. Dies muss genutzt werden. Mit der Rahmenplanung haben wir endlich ein Instrument in der Hand, mit dem wir die Entwicklung des Regierungsviertels steuern können. Bislang gab es nur eine reichlich ungeplante weitere Bebauung mit Büroflächen. Wir haben vor einigen Jahren eine solche Rahmenplanung beantragt, um diese ungesteuerte Entwicklung in den Griff zu bekommen.
Auch die bereits Anfang 2019 auf unseren Antrag hin beschlossene, aber von der Verwaltung nach wie vor nicht umgesetzte Stadtentwicklungsgesellschaft ist solch ein Mittel. Hier können wir Bauprojekte selbst sehr viel professioneller planen und umsetzen, als dies bisher mit dem Städtischen Gebäudemanagement möglich ist. Dies kann auch die Vebowag entlasten, die bisher überwiegend bestehende Wohngebäude abgerissen und an selber Stelle neue moderne Wohnungen errichtet hat. Die städtische Entwicklungsgesellschaft könnte gerade beim Thema Wohnungsneubau eine bedeutende Rolle spielen.