Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,
Sehr geehrte Frau Heidler,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Bonnerinnen und Bonner,
wie soll man in diesem Jahr eine Haushaltrede beginnen? In diesen schwierigen Zeiten? Nach der Flüchtlingszuwanderung 2015 und 2016, nach der Coronakrise in den letzten drei Jahren, haben wir jetzt mitten in Europa, in unserer unmittelbaren Nähe, einen Angriffskrieg in der Ukraine. Es ist ein städtischer Haushalt in Zeiten von Krisen und wirtschaftlicher Unsicherheit. Das alles macht die Entscheidungen für die kommende Haushaltsplanung nicht einfacher, denn die Grundlagen der vergangenen Jahre, die geprägt waren von niedrigen Zinsen, niedriger Inflation und akzeptablen Energiepreisen, sind vorbei.
Im Haushaltsentwurf können vor diesem Hintergrund in den nächsten vier Jahren Isolierungen in Höhe von ca. 400 Mio. Euro vorgenommen werden.
Für die Kommunen ist das Gesetz zur Isolierung zwar kurzfristig eine wichtige Maßnahme. Einerseits können wir unsere Handlungsfähigkeit erhalten. Andererseits, und das ist der Knackpunkt, werden die Probleme und Schulden nur in die Zukunft verlagert. Echtes Geld, um die realen Kosten abbezahlen zu können, die durch die Krisen entstanden sind und – ich sage es ganz deutlich – nicht von den Städten zu verantworten sind, bekommen die Kommunen nicht.
NRW muss endlich die versprochene Altschuldenlösung entwickeln und kurzfristig echte finanzielle Hilfen leisten, um die Belastungen durch die Pandemie und den Ukrainekrieg zu mildern.
Die Ampel in Rheinland-Pfalz hat das Projekt „Partnerschaft zur Entschuldung der Kommunen in Rheinland-Pfalz“ gestartet und 3 Mrd. Euro Altschulden übernommen, um die Kommunen von der Hälfte ihrer Altschulden zu befreien. Damit hat das Land den betroffenen Kommunen einen echten finanziellen Neustart ermöglicht. Jetzt sollte die schwarz-grüne Landesregierung in NRW ähnliches auf den Weg bringen.
Meine Damen und Herren!
Es sind gewaltige Summen, über die wir beraten und die wir aufbringen müssen. Beim Thema Ausgaben heißt es schnell: sparen.

Wir können es uns aber nicht leisten bei Zukunftsthemen wie Soziale Gerechtigkeit, Wohnen, Kinder- Jugend- und Familienpolitik zu sparen. Wir können es uns nicht leisten, wichtige Themen wie Digitalisierung, Mobilität oder Klimaschutz zurückzustellen.
Die finanziellen Möglichkeiten, die uns dafür zur Verfügung stehen, sind stark beschränkt. Es ist daher eine große Herausforderung, mit dieser Knappheit an Ressourcen auszukommen, die Pflichtaufgaben zu erfüllen, Raum für freiwillige Leistungen zu schaffen, die die Gesellschaft zusammenhalten und gleichzeitig einen genehmigungsfähigen Haushalt zu beschließen.
Die Politik ist gefordert, Schwerpunkte zu setzen und wir haben im Haushalt Schwerpunkte gesetzt. Trotz der widrigen Umstände haben wir als Koalition das gemeinsame Ziel, wichtige Investitionen in unsere Stadt zu leisten, um sie zukunftsfähig zu machen. Nachhaltig und sozial gerecht.
Schwerpunkt Jugend- und Familienpolitik
Wir investieren in die Kinder und Jugendlichen unserer Stadt. Die Mittel für soziale Träger, Wohlfahrtsverbände und Bildungsangebote für Kinder und Jugendliche haben wir gegenüber dem letzten Haushalt erhöht. Ja, auch wir hätten diese Mittel gerne noch weiter erhöht, aber leider war dies nicht möglich. Festhalten möchte ich hier aber, dass die Stadt noch niemals so viel Geld im Kinder-, Jugend- und Sozialbereich in die Hand genommen hat, wie wird es in den kommenden Jahren machen werden.
Die Kita-Träger kämpfen mit steigenden Kosten und Personalmangel. Klar ist, die Kita-Träger brauchen mehr Unterstützung, um ihren gesetzlich definierten Trägeranteil aufbringen zu können. Schon in der letzten Sitzung des Rates haben wir daher die Entlastung der Kita-Träger beim Eigenanteil beschlossen. Um bis zu 60% reduziert sich der Eigenanteil der Kita-Träger und wir übernehmen diesen Betrag im städtischen Haushalt. Darüber hinaus haben wir bereits im letzten Jahr die Sicherstellung der Arbeit der Wohlfahrtspflege beschlossen.
Nachdem wir bereits im letzten Jahr das 19-Euro-Monatsticket für Schülerinnen und Schüler an weiterführenden Schulen eingeführt haben, erweitern wir dieses Ticket nun auch auf Grundschulkinder. Alle Schülerinnen und Schüler sollen mobil und kostengünstig unterwegs sein. Das ist auch eine Frage der sozialen Gerechtigkeit.
Den Ausbau der OGS treiben wir voran und haben uns vorgenommen, 500 neue Plätze zu schaffen. 200 mehr, als die Verwaltung selbst vorgeschlagen hat.
Schwerpunkt Sozialpolitik
Mit dem Bonn-Ausweis bekommen Menschen mit wenig Einkommen Vergünstigungen. Zu nennen sind dabei 50% Ermäßigungen auf Eintrittspreise oder Gebühren bei Bädern, Museen, Theater, Musikschule, Volkshochschule oder der Bibliothek. Aber auch die kostenlose Teilnahme am Mittagessen in Kindertageseinrichtungen, in der Kindertagespflege oder an allgemeinen und berufsbildenden Schulen wird ermöglicht. Dazu gibt es ein kostenfreies Schulmilchfrühstück für Grundschulkinder. Um nur einige Vergünstigungen zu erwähnen.
Mit dem letzten Haushalt haben wir schon dafür gesorgt, dass der Ausweis länger gültig ist und den Berechtigten automatisch zugestellt wird. Jetzt erweitern wir den Kreis der Berechtigten, um noch mehr Bonnerinnen und Bonner zu entlasten. Diese können dann auch das 19-Euro-Monatsticket für Bus und Bahn beziehen, dass wir bereits im letzten Jahr für Bonn-Ausweis Empfängerinnen und Empfänger eingeführt haben.
Im Gegensatz zu vielen anderen Städten haben wir im vorliegenden Haushalt nicht an den Sozialberatungsangeboten gespart. Diese sind gerade in dieser Zeit besonders wichtig, in der viele nicht mehr wissen, wie sie über die Runden kommen sollen.
Schwerpunkt Klimapolitik
In der letzten Ratssitzung haben wir den Klimaplan beschlossen. Auch wenn das eine globale Herausforderung ist, müssen wir vor Ort anfangen, Veränderungen anzustoßen. In immer kürzeren Abständen werden die extremen Folgen des durch den Menschen verursachten Klimawandels deutlich. Durch den Klimawandel haben sich die Wahrscheinlichkeit und die Intensität extremer Regenfälle in Westeuropa erhöht.
Die Flut im Sommer 2021 und der Angriffskrieg auf die Ukraine haben uns gezeigt, dass wir in den Katastrophen- und Bevölkerungsschutz investieren müssen. Diese Investitionen gibt es leider nicht zum Nulltarif, aber sie sind allemal kostengünstiger, als entstandene Schäden im Nachhinein zu beseitigen. Aber uns geht es nicht nur um materielle Verluste. Es geht in erster Linie darum, Menschenleben zu retten und die Menschen, die im Bevölkerungsschutz aktiv sind zu schützen und zu unterstützen. Das ist auch eine Form der Wertschätzung gegenüber denjenigen, die ihr Leben für andere riskieren. In einem ersten Schritt sorgen wir dafür, dass das Personal aufgestockt wird. Dabei konzentrieren wir uns zunächst auf die Stellen im Jahr 2023 und 2024 und werden die Lage für den nächsten Haushalt neu bewerten.
Klimaschutz ja – aber sozial gerecht! Deshalb haben wir aus dem Klimaplan einen sozial gerechten Klimaplan gemacht. Wir haben beispielsweise dafür gesorgt, dass die durch den Klimaplan geförderten Altbausanierungen nicht zu Mieterhöhungen führen dürfen. Für Menschen mit geringem Einkommen gibt es Unterstützung beim Kauf von „smarten“ Thermostaten und auch bald bei der Anschaffung energieeffizienter Geräte, wie Kühlschränke oder Waschmaschinen.
Zum Klimaschutz gehört auch die Verkehrswende. Als SPD verteufeln wir nicht einzelne Verkehrsmittel. Im Gegenteil: Wir sind der Überzeugung, dass alle Verkehrsmittel besser miteinander verknüpft werden müssen. Es werden nie alle auf das Auto verzichten können. Die Menschen müssen daher auch alternative Angebote zum Auto nutzen können, wenn sie sich fortbewegen.
Der Bonner Nahverkehrsplan ist mehr als 15 Jahre alt. Zeit also, den öffentlichen Personennahverkehr neu zu strukturieren. Dazu gehört, unterschiedliche Busformate neu zu bewerten. Auch Stadtentwicklungsprojekte, wie die Umgestaltung des Straßenzuges Rathausgasse/Am Hof/Wesselstraße können von einer Weiterentwicklung des Nahverkehrsplans profitieren. Daneben sollen auch kurzfristig Verbesserungen umgesetzt werden, wie zum Beispiel die Beschleunigung von Bussen durch Linienteilungen oder durch das Ausräumen von Hindernissen auf der Fahrstrecke. Deshalb haben wir im Doppelhaushalt 1,5 Mio. Euro für diese Zwecke bereitgestellt.
Wir wollen auch Fuß- und Radwege breiter und damit sicherer machen. Dafür muss der vorhandene Verkehrsraum neu aufgeteilt werden, was auch zum Wegfall von Parkplätzen führt. Diese können aber nicht einfach mal so ersatzlos gestrichen werden.
Im Doppelhaushalt haben wir daher Mittel zur Planung von Quartiersgaragen bereitgestellt. Quartiersgaragen stellen Parkplätze außerhalb von Wohngebieten bereit und tragen so zu einer Verbesserung der Aufenthaltsqualität in der Stadt bei. So werden die Wohnstraßen von ruhendem Verkehr befreit und die Suche der Anwohnenden nach einem Stellplatz entfällt.
Sehr geehrte Damen und Herren,
dass die aktuellen Krisen auch vor dem Bonner Haushalt nicht Halt machen, war abzusehen.
In der vor zwei Wochen vorgelegten Verwaltungsvorlage zur Haushaltssatzung schlug die Verwaltung die Erhöhung der Gewerbesteuer vor, um die Defizite zu kompensieren. Alternativ könne man auch die Grundsteuer erhöhen oder beides. Es gab keinen Vorschlag für Einsparungen. Steuererhöhungen durchzusetzen ohne eigene Sparvorschläge zu machen, ist aus unserer Sicht das falsche Signal.
Am Dienstag gab es eine weitere Vorlage, die die finanzielle Lage wieder anders darstellt. Zum Glück positiver. Ich habe schon viele Haushalte beraten, aber ein solches Hin und Her habe ich noch nicht erlebt.
Als Koalition waren wir uns schnell einig. Wir können nicht nur die Steuern erhöhen. Wir müssen bei der Konsolidierung des Haushaltes auch Einsparungen beschließen und können nicht alles auf die Bonnerinnen und Bonner und die Wirtschaft abwälzen.
In den letzten 14 Tagen haben wir gemeinsam mit unseren Koalitionspartnern nach weiteren Einsparvorschlägen gesucht, damit die Gewerbesteuer geringer angehoben werden muss und die Grundsteuer gar nicht.
Wir haben uns darauf verständigt, dass sich der Verwaltungsapparat, trotz immer neuer Aufgaben, die auf die Stadt zukommen, nicht immer weiter vergrößern darf. Hier muss genau hingeschaut werden, welche Aufgaben durch Digitalisierung automatisiert ablaufen bzw. weniger Zeit und Ressourcen in Anspruch nehmen können.
Daher haben wir in einem ersten Schritt für diesen Haushalt der Verwaltung im Finanzausschuss aufgegeben, 4 Mio. Euro bei den Personalkosten zu sparen. Der Vorschlag liegt nun vor. Wir glauben damit ist es gelungen, Stellen einzusparen, ohne die Leistungsfähigkeit der Verwaltung zu verschlechtern.
Auch in anderen Bereichen müssen Millionenbeträge gespart werden. Wir setzen den Rotstift an, aber die Verwaltung benennt selbst, wo konkret gespart wird. Das war uns wichtig.
Gleichwohl werden diese Maßnahmen das massive Defizit nicht komplett ausgleichen.
Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten war dabei von immenser Bedeutung die Steigerung der kommunalen Steuern wirklich auf das notwendige Mindestmaß zu beschränken, um die ohnehin von der Inflation gebeutelten Mitbürgerinnen und Mitbürger nicht weiter zu belasten als unbedingt notwendig.
Uns ist es gelungen, die Grundsteuer nicht zu erhöhen. Uns ist es gelungen, die Gewerbesteuer um fast 30 Hebesatzpunkte weniger zu erhöhen als ursprünglich von der Verwaltung beabsichtigt. Dies ist ein wichtiges Signal für einen weiterhin attraktiven Wirtschaftsstandort.
Trotzdem schmerzen solche Entscheidungen. Aber die Kommunen tragen zunehmend gesellschaftliche Lasten, die sie weder verursacht haben noch beeinflussen oder alleine finanzieren können. Hier greift statt Konnexität das Prinzip: den Letzten beißen die Hunde, und das sind die Städte und Gemeinden.
Die Koalition hat den Vorteil, dass sie handeln und Schwerpunkte setzen kann – aber sie hat auch die Verantwortung für einen genehmigungsfähigen Haushalt. Die Opposition hat es leichter. Das Wort Opposition bedeutet „entgegenstellen“. Genau das hat die Opposition gemacht.
Die Haushaltsberatungen und die Änderungsvorschläge der Opposition zeigen dabei nochmals deutlich: Kommunalpolitik ist keine Buchhaltung, sondern Haltung.
Die Oppositionsfraktionen wollen ÖPNV-Mittel streichen, sie wollen Controlling-Stellen streichen, sie wollen Stellen streichen, die nicht ihren Schwerpunkten entsprechen, sie wollen gar alle freiwilligen Leistungen auf den Prüfstand stellen.
Wir sehen das anders und haben daher unsere Gestaltungsanträge eingebracht, weil wir erstens eine andere Vorstellung haben von einer bürgerorientierten und sozial gerechten Stadt im unleugbaren Klimawandel, und zweitens die Belastungen so verteilen wollen, dass die starken Schultern mehr tragen.
Die Opposition zeigt damit dankenswerterweise deutlich: Es ist nicht egal, wer hier die Mehrheit hat.
Wie es mit unseren zukünftigen Haushalten weitergeht, können wir heute noch nicht abschließend beurteilen. Die Zeiten sind derzeit so ungewiss, dass sich eine sichere Haushaltsplanung nur schwer durchführen lässt:
- Wie entwickelt sich die Inflation weiter, die wir in dieser Höhe über Jahre nicht kannten?
- Wie entwickeln sich die weiteren Tarifabschlüsse und damit die weiteren Personalkosten?
- Wie bewältigen wir die Entwicklung der Energie- bzw. Betriebskosten?
- Müssen wir uns dauerhaft an die hohen Baukosten gewöhnen?
Nach dem Haushalt ist vor dem Haushalt. Schon in ca. einem Jahr wird voraussichtlich der Doppelhaushalt 2025/2026 eingebracht. Es gilt abzuwägen, wo gespart werden kann und wo die bisherigen Ausgaben weiterhin notwendig oder gewünscht sind.
Sehr geehrte Damen und Herren!
Wir leben in schwierigen Zeiten, aber wir behalten trotz allem die Zukunft unserer Stadt im Blick. Dieser Haushalt ist trotz aller Probleme eine gute Grundlage für die Herausforderungen, aber auch für die Chancen unserer Stadt.
Krise bedeutet Abschied von gewohnten Grundsätzen zu nehmen. Krise bedeutet aber auch, sich auf das Elementare zu konzentrieren. Krisen sorgen auch dafür, dass notwendige Umwälzungen und Reformen schneller umgesetzt werden als in normalen Zeiten.
In Krisen ist es wichtig Verantwortung zu übernehmen. Verantwortung übernehmen heißt auch, schwierige Entscheidungen zu treffen. Als SPD-Fraktion übernehmen wir gerne Verantwortung für unsere Stadt.
Lassen Sie mich abschließend noch ein paar Worte des Dankes äußern. Die SPD-Fraktion bedankt sich bei Frau Heidler und ihrem Team für die Erstellung des Haushaltsplans in dieser sicherlich schwierigen Zeit und der Verwaltung insgesamt für die Arbeit. Unser Dank geht auch an unsere Partnerinnen und Partner in der Koalition.
Die SPD-Fraktion wird dem Haushalt zustimmen.